Ein meisterhaftes Verdauungsorgan

Darm.

Spätestens mit dem Bestseller „Darm mit Charme“ steht der Verdauungstrakt im Fokus der medizinisch interessierten Öffentlichkeit. Das ist gut so, denn der Darm ist ein Meisterwerk der Natur und spielt für unsere Gesundheit eine zentrale Rolle.

Was jeder über das Organ wissen sollte.

 


Frage 1: Welche „Vorarbeit“ leistet der Magen für unsere Verdauung?

Der Magen wirft den Speisebrei mit Schaukelbewegungen an den Magenwänden hin und her und knetet ihn ordentlich durch. Auf die Weise verkleinert er den Nahrungsbrei deutlich, nach der Bearbeitung sind es nur noch 0,2 Millimeter große Nahrungshäppchen.

Dies hat den Zweck, dass der Darm das Essen besser transportieren und verwerten kann. Außerdem vernichtet der Magen mit Hilfe der aggressiven Magensäure die meisten Bakterien, die sich im Essen befinden, und spaltet Fette und Eiweiße grob auf.

Wenn das alles erledigt ist, schieben die Magenmuskeln den Nahrungsbrei zum Magenausgang, wo ein Schließmuskel (Magenpförtner) dafür sorgt, dass die Essensportion in den Dünndarm gleiten kann. In diesem fünf bis sechs Meter langen Darmbereich findet nun die Feinarbeit der Verdauung statt.

 


Frage 2: Warum sieht der Dünndarm aus wie ein Samtteppich?

Die Muskelkontraktionen des Darms schieben den Speisebrei wie auf einem Fließband vorwärts. Um dabei die Nährstoffe optimal aufnehmen zu können, besitzt der gefaltete Dünndarm eine riesige Schleimhautoberfläche (auseinandergefaltet wäre sie 400 bis 500 Quadratmeter groß), auf der etwa vier Millionen kleine, warzenförmige Ausstülpungen, die sogenannten Darmzotten, sitzen. Sie sind nur 0,5 bis 1,5 Millimeter groß und mit dem bloßen Auge kaum zu sehen. Mit den Millionen kleinen, feinen Erhebungen sieht der Dünndarm aus wie ein schöner gefalteter Samtteppich.

 


Frage 3: Wie holt der Dünndarm die Nährstoffe aus dem Essen?

Wenn der Speisebrei den Magen verlässt, gleitet er in den ersten Abschnitt des Dünndarms: den Zwölffingerdarm. Dort münden die großen Verdauungsdrüsen Galle und Bauchspeicheldrüse.

Ihre Verdauungssäfte spalten die Bestandteile der Nahrung nun in ihre Einzelteile auf. So zerlegt die Galle das Fett aus der Nahrung in winzige Kugeln, die Enzyme der Bauchspeicheldrüse spalten beispielsweise Kohlenhydrate in Zuckermoleküle auf.

Anschließend nehmen die Millionen Darmzotten die Nährstoffe auf und geben sie in die Blutbahn ab. Alles, was für den Körper wichtig ist, wird aus dem zersetzten Nahrungsbrei von ihnen herausgeholt.

Und nicht nur die feste Nahrung interessiert den Dünndarm. Er entzieht dem Nahrungsbrei auch 80 Prozent des enthaltenen Wassers. Dadurch wird er stark eingedickt und erhält seine typische Stuhlgangkonsistenz.

Wenn er beim Dickdarm eintrifft, besitzt er fast keine Nährstoffe mehr, sondern nur noch unverdauliche Nahrungsbestandteile, abgelöste Schleimhaut und Darmwandzellen, alte Blutbestandteile und tote Bakterien.

Über diese Restmasse machen sich nun die vielen Millionen Bakterien her, die im Dickdarm sitzen. Sie holen aus dem Stuhlgang noch die letzten verwertbaren Substanzen raus.

Dem Kot wird im Dickdarm zudem das restliche Wasser entzogen, anschließend wird er zum Mastdarm weitertransportiert.

Er speichert den Stuhl, bis er beim nächsten WC-Gang entsorgt wird.

 


Frage 4: Was ist eigentlich das Mikrobiom?

100 Billionen Bakterien leben in unserem Darm, die meisten davon im Dickdarm. Allein in einem Gramm Kot befinden sich mehr Keime, als es Menschen auf der Erde gibt. Das ist auch gut so, denn viele dieser Mikroorganismen stärken unsere Gesundheit. Es sind sozusagen die „guten“ Bakterien.

Die Zusammensetzung der Bakterienarten in einem Darm bezeichnen Wissenschaftler als Mikrobiom. Es ist von Mensch zu Mensch verschieden. Die Wissenschaft erforscht gerade emsig, wie sich das Mikrobiom auf die Gesundheit auswirkt. Fest steht: Je vielfältiger die Bakterienflora in unserem Darm ist, desto besser ist dies für unseren Körper.

 


Frage 5: Wie nützen gute Bakterien dem Darm?

Die Bakterien helfen bei der Verdauung, sie stellen Enzyme her, die unverdauliche Nahrungsbestandteile, wie etwa Ballaststoffe, in Einzelteile zerlegen. Sie können außerdem einige B-Vitamine herstellen und versorgen die Darmepithelschicht mit Energie.

Darüber hinaus sind die guten Bakterien wichtig für unser Immunsystems. Sie stimulieren nicht nur die Bildung von entzündungshemmenden Substanzen, sondern trainieren auch die

Abwehrzellen. So können bestimmte Bakterien das Immunsystem dazu anregen, im Darm sitzende Erreger zu bekämpfen.

Die Abwehrzellen lernen diese feindlichen Eindringlinge im Verdauungstrakt kennen und können sie besser beseitigen.

 


Frage 6: Wieso gilt der Darm als zweites Gehirn?

Das liegt vor allem an dem riesigen Nervennetz, das die Muskeln der Darmwand von der Speiseröhre bis zum Anus umschlingt und aus mehreren Millionen Nervenzellen besteht. Damit hat der Darm zwar deutlich weniger Neuronen als unser Denkorgan, aber belegt gleich Platz zwei der neuronalen Ballungsgebiete in unserem Körper. Hinzu kommt, dass beide Organe dieselben Nervenzelltypen besitzen. Allerdings ist der Begriff „zweites Gehirn“ übertrieben, denn natürlich kann der Darm keine kognitiven Leistungen vollbringen, seine Hauptaufgabe ist es, die Verdauung und den Energiehaushalt zu steuern.

Darm und Gehirn korrespondieren allerdings eng miteinander. Dies tun sie mit Hilfe von 30 Botenstoffen. Meist ist es der Darm, der Informationen nach oben funkt. Vieles läuft subtil ab, in das Bewusstsein dringen nur starke Signale, etwa wenn die feinen Sensoren des Verdauungsorgans Giftstoffe bemerkt haben, dann muss das Gehirn sofort Durchfall auslösen, um die feindlichen Eindringlinge rasch loszuwerden.

Aber auch das Gehirn meldet sich beim Darm, vor allem, wenn es eine starke Stresssituation wahrnimmt. Dann erhält der Verdauungstrakt den Befehl, seine Tätigkeit sofort herunterzufahren, um Energie zu sparen, die der Körper in anderen Bereichen (etwa Muskeln, Gehirn) gerade dringender benötigt. Deshalb bekommen manche Menschen Durchfall, wenn sie im Stress sind.

 


Frage 7: Welche Lebensmittel tun unserem Darm gut?

Das sind vor allem Ballaststoffe, wie sie etwa in Weizenkleie, Leinsamen, Chia, Haferflocken, Vollkornbrot, Nüssen, Kichererbsen, Linsen, Kartoffeln, Karotten, Kohl (z. B. Brokkoli, Wirsing), Äpfeln, Birnen und Heidelbeeren in hoher Menge enthalten sind.

Denn Ballaststoffe enthalten unverdauliche Polysaccharide, von denen sich die nützlichen Bakterien im Darm ernähren.

Mikrobiologen des Luxembourg Institute of Health fanden zudem in einer Analyse von 243 Studien heraus, dass Menschen, die regelmäßig ballaststoffreiche Speisen essen, seltener an koronarer Herzkrankheit, Darmkrebs und Diabetes Typ 2 erkranken.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, täglich mindestens 30 Gramm Ballaststoffe mit der Nahrung aufzunehmen.

Andere Experten raten zu einer noch höheren Menge von 35 bis 50 Gramm am Tag. Wichtig ist, dass die Ballaststoffe aus verschiedenen Lebensmitteln stammen und nicht nur etwa von einer Sorte Obst, denn mit einer Vielfalt an Polysacchariden versorgt man seine nützlichen Darmmitbewohner ausreichend mit Energie.

Darüber hinaus freut sich unser Darm auch über fermentierte Speisen, also Lebensmittel, die bei der Verarbeitung gesunde Milchsäurebakterien gebildet haben, wie etwa Sauerkraut, Naturjoghurt oder Kefir. Sie stärken ebenfalls die nützlichen Bakterien.

Wer außerdem darauf achtet, täglich viel zu trinken (ca. 1,5 Liter Wasser), sorgt dafür, dass der Stuhl geschmeidig ist und besser weitertransportiert werden kann.

 


Frage 8: Wie häufig sollte man aufs WC müssen?

Die Häufigkeit des Stuhlgangs ist von Mensch zu Mensch verschieden, manche verrichten ein bis zweimal am Tag ein großes Geschäft, andere nur alle zwei bis drei Tage (seltener sollte es jedoch nicht sein). Die Frequenz hängt auch davon ab, was und wie viel wir gegessen haben. Manche Mahlzeiten wie ein Schweinebraten oder Rindersteak sind schwerer verdaulich und liegen länger im Verdauungstrakt als andere Speisen. Darüber hinaus spielt es auch eine Rolle, ob wir uns täglich regelmäßig bewegen oder eher viel sitzen. Denn Sport regt die Darmbewegung (Peristaltik) an und der Speisebrei wird schneller verarbeitet.

Wenn der Darm erkrankt

Entzündung im Darm
Bei einer Colitis ulcerosa entzündet sich die Schleimhaut des Dickdarms (Colon) und es können sich dort Geschwüre („ulcerosa“ bedeutet „geschwürig“) bilden. Sie entsteht durch eine gestörte Barrierefunktion der Darmwand, woraufhin sich Bakterien dort ansiedeln und eine dauerhafte Entzündung auslösen können. Auch ein überaktives Immunsystem kann eine Colitis ulcerosa begünstigen.

Polypen
Wenn an einer Stelle in der Darmschleimhaut mehr Zellen wachsen als normalerweise, entwickelt sich eine Vorwölbung (Polyp), die ins Darminnere hineinragt. Sie ist anfangs meist gutartig, kann sich aber im Laufe der Zeit zu Krebs entwickeln.


Frage 9: Was sagt der Stuhlgang aus?

Auch wenn es ein bisschen unappetitlich sein mag, ist es dennoch wichtig, regelmäßig einen kurzen Blick auf den Kot in der Toilettenschüssel zu werfen. Denn die Konsistenz und die Farbe sagen viel über die Gesundheit bzw. mögliche Erkrankungen aus (siehe untere Tabelle). Ein gesunder Stuhl hat eine braune Farbe (sie kann mal hellbraun, mal mittelbraun oder leicht dunkelbraun sein, das hängt mit der Nahrung zusammen, die wir verspeist haben) und ist wie eine Wurst oder Schlange geformt.

Auch kleine Risse sind okay (sie sind ein Hinweis darauf, dass man etwas mehr trinken sollte) und kleinere Klumpen (wenn man mehrmals am Tag „muss“).

Wenn man zudem beim Pressen kaum Kraft aufwenden braucht und alles gleichmäßig rausflutscht, ist in der Regel alles bestens.

Das verrät die Kotfarbe über die Gesundheit

Braun
Ein gesunder Stuhl ist braun. Seine Farbe erhält er durch den Abbau des Blutfarbstoffs (Hämoglobin) im Darm.

Rot
Sie kann durch rote Lebensmittel (z. B. Rote Bete) oder durch Blutungen im Dick oder Enddarm entstehen und auf einen Tumor hinweisen.

Grün
Sie kann durch grüne Nahrungsmittel (z. B. Spinat) verursacht werden oder auf eine Salmonelleninfektion hindeuten (dann tritt auch Durchfall auf).

Gelb
Eine gelbe Stuhlfarbe kann ein Symptom für eine Glutenunverträglichkeit oder für Probleme mit der Fettverdauung sein.

Schwarz
Hat der Kot eine schwarze Farbe, ist viel Blut im oberen Verdauungstrakt aufgetreten. Das kann auf einen Tumor hinweisen.

Lehmfarben
Ist der Stuhl hell, fehlen Verdauungssäfte. Dies kann auf eine Erkrankung von Galle oder Bauchspeicheldrüse hinweisen.


Frage 10: Was deutet auf eine Erkrankung des Darms hin?

Generell sollte man bei Verdauungsstörungen wie beispielsweise Verstopfung und Durchfall, die länger als ein paar Tage anhalten, einen Arzt aufsuchen. Meist ist die Ursache harmlos und die Beschwerden können mit gängigen Arzneimitteln oder pflanzlichen Präparaten gelindert werden, aber sie sollten abgeklärt werden.

Wenn häufiger oder längere Zeit Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfälle auftreten, kann eine Entzündung der Darmschleimhaut oder Darmwand vorliegen. Ein Arzt kann feststellen, ob etwa eine Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn vorliegt.

Frage 11: Welche Symptome verursacht Darmkrebs?

Wenn der Stuhlgang verdächtig aussieht, etwa blutig ist oder eine schwarze Teerfarbe hat oder dünn wie ein Bleistift ist (dann kann ein Tumor den Darm so stark verengt haben, dass der Kot nur noch schmal gepresst transportiert werden kann), sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden, um abzuklären, ob es sich um Darmkrebs handelt. Das gilt auch bei Verdauungsproblemen, die Monate anhalten, wie etwa Durchfall, Verstopfung oder starke Blähungen.

Weitere Informationen unter: krebsinformationsdienst.de

 


Frage 12: Wie läuft eine Darmspiegelung ab?

Bei der Darmspiegelung (Koloskopie in der Fachsprache) führt der Arzt einen dünnen, biegsamen Schlauch, der eine winzige Lampe und Kamera besitzt, in den Darm ein und überprüft damit, ob Polypen (Krebsvorstufen) oder ein Tumor vorhanden sind. Polypen kann er sofort mit einer Schlinge entfernen. Der Patient erhält vor der Untersuchung eine Betäubung.

Die Darmspiegelung gehört bei Männern ab 50 Jahren zum gesetzlichen Vorsorgeprogramm dazu, bei Frauen ab 55 Jahren.

Wer Darmkrebsfälle in der Familie hat, sollte sie früher durchführen lassen. Wenn Darmkrebs im Frühstadium entdeckt wird, sind die Heilungschancen meist sehr gut. Daher sollte jeder zur Darmspiegelung gehen, sie kann Leben retten!